Eine Hubertus-Legenden Interpretation (aus der Sehlder
Chronik)
Als die Glaubensboten vor vielen hundert Jahren in den
Ambergau kamen, verließ alles Volk seine Götzen und wandte sich dem Christentum
zu. Nur einer der Mächtigsten, dessen ursprünglichen Namen man nicht kennt,
widerstrebte sich hartnäckig. Schon immer ein eifriger Jäger, betrieb er die
Jagd gerade an Sonn- und Feiertagen mit einer wahren Wut. Er hetzte mit seinem
Jagdgefolge und seiner Meute höhnend durch die Scharen der Kirchgänger, er
wusste es bei seiner Verfolgung des flüchtenden Wildes so einzurichten, dass
das Jagdgetöse, das Hetzen und Geheul der Hunde, der Jubel der Waldhörner den
Gottesdienst störte. Keine Bitte und Ansprache vermochte dem wilden Jäger, wie
man ihn nannte, von seinem wütenden Treiben abzubringen.
Auch am Karfreitag versuchte er wieder, seine wilden
Genossen zur Jagd zu sammeln. Aber so willig sie ihm sonst gefolgt waren, am
heiligsten Tage der Christen verweigerten sie ihm ihre Teilnahme und warnten
den wilden Jäger vor dem Gotteszorn. Doch trotzig rief er aus: „Und wenn mir
der gekreuzigte Christus selbst begegnet, so stelle ich das Jagen nicht ein!“
Unmutig ritt er mit seinem Diener in den dichten Wald
hinein. Tief in der Wildnis, in der Schlucht, über der jetzt das Jägerhaus
stattlich emporragt, trat ihm langsam und majestätisch, ohne jede Furcht, ein
mächtiger Hirsch entgegen und schritt, ohne sich um die Hunde zu kümmern, auf
den Jäger zu. Da schleuderte der Jäger rasch und geschickt seinen Speer und
traf das edle Tier mitten zwischen das Geweih. Aber siehe da: Der Hirsch stand
weiter hoch aufgerichtet da, der Speer war zum hell leuchtenden Kruzifix
geworden. Da sank der wilde Jäger, vom jähen Schrecken ergriffen, anbetend auf
die Knie und gelobte, der Jagd auf immer zu entsagen. Als er sich erhob, war
der wunderbare Hirsch verschwunden. Der Jäger bekehrte sich zu Christus,
erhielt in der Taufe den Namen Hubertus und führte seitdem ein Leben zu Gunsten
der Menschen und Tiere.